Vegane Linzertorte

Mit Orangen- oder Himbeermarmelade

Ich hatte eine gute Mutter. Sie war stark, liebevoll, selbstbewusst, unabhängig, klar und hatte immer ihren eigenen Kopf. Sie war eine Heilerin und eine erfolgreiche Frau mit eigenem Business – und das zu einer Zeit und in einem Umfeld, in dem das sehr ungewöhnlich war und in dem sie wenig oder keine Unterstützung erhalten hat. Als sie mit gerade mal 34 Jahren Witwe wurde, hat sie auch diese schwere Zeit mit viel Kraft, Durchhaltevermögen und Liebe gemeistert und war für mich, als damals 4-jähriges Kind, immer ein Fels in der Brandung. Dass viele Jahre später ich dieser Fels für sie sein durfte, nämlich als sie plötzlich und schwer an Krebs erkrankte und innerhalb kurzer Zeit verstarb, dafür bin ich für immer dankbar. Sie sagte damals zu mir: „Du bist mein Engel, der mich von dieser Welt in die nächste begleitet“.

Vegane Linzertorte

Meine Mutter war vom Sternzeichen Zwilling, vielleicht ist es deshalb auch nicht verwunderlich, dass zwei Herzen in ihrer Brust schlugen. Eines war bodenständig, zuverlässig und pragmatisch. Zu einer gemeinsamen Freundin, die gerade eine komplizierte Beziehung mit einem verheirateten Mann eingegangen war und sie um Rat fragte, sagte sie ganz trocken auf Badisch: „Des machsch net“. (auf hochdeutsch: „Mach das nicht.“). Damit war die Sache für sie erledigt. Wenn sie nicht gerade kurz angebunden war, konnte sie ausschweifend und sehr lustig über die wilden 70er erzählen, in denen sie mit meinem mindestens ebenso wilden Vater Nachts schnell mit dem Auto nach Paris fuhr, um einen Jazzclub zu besuchen und im Morgengrauen in Les Halles Austern zu essen. Denn ja, ihr zweites Herz war abenteuerlustig. Sie war eine der besten Reisebegleitungen, weil sie gut im Moment sein konnte und immer bereit war, längere Fußmärsche auf sich zu nehmen, um in Rom ein verstecktes Restaurant zu suchen oder einen besonderen Kräuterladen in San Francisco ausfindig zu machen.

Vegane Linzertorte

Mit meiner Mutter konnte man gut genießen. Sie liebte feines Essen, ein besonderes Glas Wein und vor allem ein leckeres Stück Kuchen. Wie alle echten Genießer war sie speziell in ihren Ansprüchen und nicht so einfach zufriedenzustellen. Gerade was die Kuchen anging, war sie geprägt vom nahen Elsass, in dem man die beste französische Patisserie kaufen kann. Meine Mutter backte gern in der Weihnachtszeit und ihre Plätzchen sahen immer wunderschön aus. Ihre Linzertorte ist für mich der Inbegriff dieses Kuchens, so wie es für Dich vielleicht die Linzertorte Deiner Mutter oder Großmutter ist. Ihr Geheimnis war, immer ein wenig Zartbitterschokolade in den Teig zu raspeln. Natürlich habe ich diese Tradition übernommen und führe sie heute weiter.

Vegane Linzertorte

Und auch wenn meine vegane Linzertorte, die ich Dir heute vorstellen möchte, ein wenig anders zubereitet wird als die traditionelle und ausnahmsweise Orangen- statt Himbeermarmelade verwendet (Du musst entschuldigen, wir haben einfach so viel leckere Orangenmarmelade im Haus, die Thomas selber herstellt), so erinnert sie mich doch an meine Mutter, meinen Engel. Und da diese Zeit im Dezember eine ganz Besondere ist, in der der Schleier zwischen den Welten dünn ist und jeder von uns noch ein bisschen öfter an die denkt, die diese Welt bereits verlassen haben, ist es für mich ein bittersüßes Gefühl, diese Torte zu backen. So bittersüß wie die Orangenmarmelade, die ihr den besonderen Geschmack verleiht. Und hier schließt sich der Kreis wieder – vom Leben, vom Tod, vom Genießen, der Liebe und der Weihnachtszeit.

Und nun meine Frage an Dich: hast Du Rezepte geliebter Menschen, die Dich für immer an sie erinnern werden? Dann schreibe einen Kommentar unter diesen Beitrag. Ich freue mich darauf, von Dir zu lesen!

Vegane Linzertorte

Vegane Linzertorte

Portionen 1 27-cm-Springform
Zubereitungszeit 30 Minuten
Backzeit 40 Minuten
Rezept drucken

Zutaten

  • 1 EL Chiasamen, gemahlen
  • 2 EL Wasser
  • 3 EL Ahornsirup
  • 200 g Kokosöl plus mehr zum Ausreiben der Springform
  • 100 g geröstete Haselnüsse, gemahlen
  • 100 g gemahlene Mandeln
  • 200 g Dinkelmehl, Type 1050
  • 3 EL Kokosblütenzucker
  • 1/2 abgeriebene Zitronenschale
  • 1/2 TL Salz
  • 1/2 TL Zimt
  • 1/4 TL Nelkenpulver
  • 1/4 TL Bourbon Vanillepulver oder eine ausgekratzte Vanilleschote
  • 30 g Zartbitterschokolade, geraspelt
  • 300 g Himbeer- oder Orangenmarmelade

Für den Belag zusätzlich:

  • 2 EL Dinkelmehl, Type 1050
  • 1/2 EL Ahornsirup

So geht's

  • Gemahlene Chiasamen in einer Schüssel mit Wasser und Ahornsirup vermischen und 5 Minuten quellen lassen. Dann Kokosöl hinzufügen und mit den Knethaken des Handrührgeräts glatt vermischen.
  • Alle anderen Zutaten außer der Marmelade in einer Rührschüssel vermengen. Die Chia-Kokosölmischung hinzufügen und mit dem Handrührgerät vermischen.
  • Eine 27-cm-Springform öffnen und einen Bogen Backpapier auf das Bodenteil legen. Dann den Rand aufsetzen und die Form schließen, so dass der Backpapierbogen auf der Unterseite eingeklemmt ist. So kannst Du später den Kunden problemlos vom Boden der Form lösen. Den Rand mit Kokosöl ausreiben.
  • 3/4 des Teigs in die Springform geben und mit den Händen gleichmäßig verteilen und dabei einen ca. 1 cm hohen Rand formen. Den Rand mithilfe einer Gabel rundum leicht eindrücken.
  • Die Marmelade gleichmäßig auf dem Teigboden verteilen.
  • Für den Belag den Rest des Teigs mit dem zusätzlichen Dinkelmehl vermischen und 15 Minuten in den Kühlschrank legen.
  • Den Backofen auf 180° C Ober- und Unterhitze vorheizen.
  • Den Teig aus dem Kühlschrank nehmen, zwischen zwei Backpapiere legen und ca. 2 cm dick auswellen. 7 Sterne mit einem Plätzchenausstecher ausstechen und mithilfe eines Buttermesser vorsichtig auf der Marmeladenoberfläche platzieren.
  • Die Sterne mit etwas Ahornsirup einstreichen. Den Kuchen ca. 40 Minuten backen. Zwischendurch kontrollieren, dass die Oberfläche nicht zu dunkel wird und bei Bedarf für die restliche Backzeit mit einem Backpapier abdecken.
  • Aus dem Ofen nehmen, nach einige Zeit den Rand der Springform entfernen und vollständig abkühlen lassen.

Wellcuisine-Tipp

Gut verschlossen und kühl aufbewahrt hält sich die Linzertorte ca. 2 Wochen.
Wellcuisine Stefanie Reeb

 

Hinterlasse einen Kommentar

  1. Nadja schreibt:

    Liebe Stefanie,
    Danke, dass du dies mit uns teilst, es hat mich sehr berührt!
    Bei mir ist es das Gulasch meiner Tiroler Oma: immer gleichviel Zwiebeln wie Fleisch. Wir haben gegen die Tränen schon alles probiert, aber irgendwie wird beim Schippeln dann doch immer lachend geweint, wie damals 😉 Und die „rock buns” meiner engl. host mother. Beim Vorbereiten schlug ihr Ring rhythmisch gegen die Schlüssel. Den Klang hab ich geliebt und, über 40 Jahre später, hab ich ihn im Ohr, wann immer ich die buns backe 😃
    Sei herzlich gedrückt,
    Nadja

    1. Stefanie Reeb Autor schreibt:

      Liebe Nadja,

      vielen Dank für das Teilen Deiner Erinnerungs-Gerichte! So schön.

      Viele liebe Grüße an Dich!
      Deine Stefanie

  2. liebe Stefanie,

    auch für mich ist die Linzertorte etwas Besonderes.
    Meine liebe Oma hatte immer zu jedem unserer Geburtstage eine Linzertorte gebacken und zwar von Hand. Die Butter mit dem Mehl mit einem Messer verhackt in liebevoller Geduld, bis alle Zutaten untergehoben waren.
    Auch heute backe ich noch zu meinem Geburtstag eine Linzertorte in Gedenken an mein liebes „Mariele“. 🙂

    1. Stefanie Reeb Autor schreibt:

      Liebe Christine,

      das ist eine sehr schöne Tradition zu Deinem Geburtstag!

      Viele liebe Grüße
      Stefanie

  3. Silka schreibt:

    Liebe Stefanie,
    bei mir ist es auch ein Rezept ü, dass mich immer an meine Mutter erinnert, die vor nunmehr acht Jahren in die andere Welt gegangen ist. Es sind französische Sables, bestehen nur aus Butter, Zucker und Mehl und – egal wie oft ich es versucht habe – sie schmecken nie so,, wie sie bei meiner Mutter geschmeckt haben.

    Noch eine schöne Adventszeit und liebe Grüße
    Silka

    1. Stefanie Reeb Autor schreibt:

      Liebe Silka,

      ja, das ist das Geheimnis der Gerichte, die uns an liebe Menschen erinnern: sie enthalten eine geheime Zutat, nämlich die Liebe und Aufmerksamkeit genau dieser Person. Und die kann man nicht nachmachen. Aber sie bleibt für immer in unserer Erinnerung.

      Einen lieben Gruß
      Stefanie

    2. Veronika Bornemann schreibt:

      Würde die Linzertorte gern mit der Glutenfreien Mehlmischung zaubern, geht das auch?

      1. Stefanie Reeb Autor schreibt:

        Liebe Veronika,

        ich habe es nicht ausprobiert, aber das sollte kein Problem sein.

        Liebe Grüße
        Stefanie

  4. Astrid schreibt:

    Liebe Stefanie,
    vielen Dank für den schönen Text.
    Ich habe mir für dieses Adventswochenende vorgenommen, Rindsrouladen zu machen. Das war ein Essen, das meine Mama immer an Feiertagen gekocht hat.
    Lustigerweise habe ich das erste Mal, seit sie vor 19 Jahren verstorben ist, den Impuls dazu. Icb glaube, sie hat mir durch den Schleier einen Impuls gegeben…;-)
    Dein schönes Rezept werde ich am dritten Advent ausprobieren.
    Vielen lieben Dank dafür!

    1. Stefanie Reeb Autor schreibt:

      Liebe Astrid,

      wow, wie schön. Danke fürs Teilen!

      Einen lieben Gruß
      Stefanie

  5. Barbara schreibt:

    Liebe Stefanie,
    was für ein berührender Text über geliebte verstorbene Menschen und Rezepte, die liebevolle Erinnerungen wach werden lassen.
    Auch ich verbinde Linzer Torte eng mit meiner Mutter, die im Markgräflerland lebte.
    Ich möchte das Rezept gerne morgen ausprobieren, um die vielversprechende Linzer Torte am Samstag als Dessert mitzubringen.
    Funktioniert das Rezept auch ohne Handrührgerät? Das habe ich nämlich nicht…
    Ganz herzliche Grüße, Barbara

    1. Stefanie Reeb Autor schreibt:

      Liebe Barbara,

      Du kannst den Teig auch ohne Handrührgerät zubereiten, dann musst Du nur schauen, dass das Kokosöl nicht zu hart ist, damit es keine Klümpchen bildet. Schmelzen solltest Du das Öl aber auch nicht, deshalb vor der Verwendung einfach an einem wärmeren Ort in der Wohnung stehen lassen und dann mit einem Esslöffel das immer noch feste Öl herausstreichen, so dass feste Klumpen direkt aufgelöst werden.

      Liebe Grüße
      Stefanie

      1. Barbara schreibt:

        Ist ganz toll geworden 🍊 🙏

        1. Stefanie Reeb Autor schreibt:

          Wie schön! Freut mich!

  6. Barbara schreibt:

    Ganz herzlichen Dank, liebe Stefanie, für deine lieben Zeilen und die hilfreiche Antwort! Ganz herzliche Grüße Barbara

Schreibe einen Kommentar

Deine Mail wird nicht veröffentlicht Erforderliche Felder sind mit * markiert

Rezeptbewertung




Schließen
© 2024 Wellcuisine, Stefanie Reeb