Karotten-Linsensuppe

Und die Geschichte meines Großvaters, des Medizinmanns

Die letzten Tage musste ich oft an meinen Großvater denken. Als ich kürzlich den Nachlass meiner verstorbenen Mutter durchsortierte und Bücher in Kisten packte, die ich gerne behalten wollte, fiel mir eins der Bücher meines Großvaters in die Hände. Ja, die Lust am Bücherschreiben habe ich wohl von ihm geerbt. Mein Großvater wuchs in Ostpreußen auf. Eine der schönsten Geschichten, die er mir aus seiner Kindheit erzählte, war der Abend, als die Bewohner des Nachbardorfes mit Eimern voll Wasser anrückten, weil sie dachten, dass das Dorf meines Großvaters in Flammen stand. Dabei gab es an jenem Abend einfach ein besonders schönes Abendrot.

Mein Großvater war begeisterter Segelflieger. Als der Krieg ausbrach, gab er seinen Flugschein jedoch zurück, da er auf keinen Fall Bomberpilot werden wollte. Stattdessen schrieb er sich für ein Medizinstudium ein, da er im Krieg kein Soldat sondern lieber Sanitäter sein wollte. Mein Großvater lernte sein praktisches Medizinhandwerk also im Krieg. Als er vor Kriegsende nach Hause kam, machte er einen Hausbesuch bei einer Patientin, die die Frau eines Funktionärs bei der Gestapo war. Als er ein Hitlerportrait an ihrer Wand sah, sagte er zu ihr: „Nehmen sie bitte das Bild ab, ich kann diese Visage nicht mehr sehen.“ Meine Großmutter konnte daraufhin die ganze Nacht nicht schlafen, weil sie fürchtete, dass mein Großvater von der Gestapo abgeholt werden würde.

In den 1960er Jahren erkrankte mein Großvater schwer an einem Leberleiden. Niemand konnte ihm helfen, auch er selber nicht. Sein behandelnder Arzt glaubte, dass er sterben würde. Da fing mein Großvater an, sich nach „Außenseitermethoden“ umzuschauen. Er probierte alles aus, was er in Büchern von Naturheilkundigen zu seiner Erkrankung fand, und heilte sich schließlich selbst. Von da an gab es für ihn kein Zurück mehr und er beschäftige sich Zeit seines Lebens mit Akupunktur, Homöopathie, energetischer, indianischer bis hin zu -Hexenmedizin. Er forschte und praktizierte sein Leben lang. Da ich im Haus meiner Großeltern aufwuchs, erlebte ich die Praxis meines Großvaters hautnah mit. Es gab Tage, an denen er mir einen Röntgenfilm auf die Haut klebte, um am lebenden Objekt zu untersuchen, ob der Körper Licht abgibt (tut er – ist heute bekannt und erforscht). Für ihn war die Aura eines Menschen genauso wirklich wie seine Blutwerte und sein Vitaminspiegel. Er sah und behandelte den Menschen ganzheitlich. Als ich in der zweiten Klasse war, sollte jeder Schüler einen kleinen Vortrag zu einem frei wählbaren Thema halten. Ich entschied mich für die kinesiologischen Testmethoden meines Großvaters, die ich der Klasse dann vorführte (und ja, ich hatte Glück, dass ich in eine Waldorfschule ging, sonst hätte sich mein Ruf wohl nie davon erholt). Danach fragte mich mein Lehrer, was mein Großvater denn genau sei. Ich überlegte kurz und nannte dann die Berufsbezeichnung, die mir am passendsten erschien: „Medizinmann“. Das sorgte für so großes Vergnügen in der Klasse, dass mich diese Anekdote noch bis in die Abizeit verfolgte.

Seine Erkenntnisse und Behandlungsmethoden veröffentliche mein Großvater in seinen Büchern. Wenn ich darin lese, höre ich noch immer seine Stimme, die kurz, prägnant und trocken-humorvoll seine Sicht auf Körper, Geist und Seele beschreibt. Dabei sind auch Bemerkungen wie diese in einem Vorwort nicht ungewöhnlich: „Mit denen in diesem Buch beschriebenen Methoden lässt sich die Abwehr wieder aufbauen und das Lymphsystem regenerieren (gehässige Bemerkungen zu diesem Thema sind mir schon alle bekannt).“

Als ich also kürzlich auf dem Boden im Wohnzimmer meiner Mutter saß und eins der Bücher meines Großvaters an einer beliebigen Stelle aufschlug, war ich überrascht, eine wichtige Anekdote der Medizingeschichte dort zu finden, die ich selbst häufig in Vorträgen verwende, wenn ich über die ganzheitliche Sicht auf die Gesundheit berichte. Da sie so gut in diese Zeit passt, will ich sie Dir erzählen:

Im 19. Jahrhundert gab es einen ganz grundsätzlichen Streit in der medizinischen Wissenschaft. Es ging um die Frage, wie Krankheit entsteht. Die eine Sicht, vertreten von dem Wissenschaftler Louis Pasteur, war, dass Krankheit von einem Erreger (Bakterium, Virus etc.) ausgelöst wird. Die andere Sicht, vertreten von dem Wissenschaftler Claude Bernard, ging davon aus, dass das körperliche Milieu entscheidend sei, ob der Mensch erkrankt oder nicht. Sein Statement war: „Die Mikrobe ist nichts, das Milieu alles.“ Die Erregertheorie von Louis Pasteur setzte sich damals durch und bildet bis heute die Grundlage der Schulmedizin. Im hohen Alter soll Pasteur allerdings seine Meinung geändert und auf seinem Totenbett gesagt haben: „Bernard hatte recht.“

Schiebe es auf die Art, wie ich aufgewachsen bin, aber auch ich glaube mit Inbrunst, dass unser Milieu alles ist. Deshalb ist es gerade in Zeiten wie diesen so wichtig, auf unsere Ernährung zu achten, unser Darmmilieu zu pflegen und unsere Säure-Basen-Balance im Blick zu haben. All diese Dinge können auch wirklich Spaß machen, wenn man sie mit leckerem Essen verbindet …

Meine Karotten-Linsensuppe

Karotten-Linsensuppe ist ein super Alltagsessen, das, einmal vorbereitet, gleich mehrere warme Mahlzeiten in einer Arbeitswoche ergeben kann. Für mich ist es ein tolles Gefühl zu wissen, dass ich einen Topf von dieser Suppe im Kühlschrank habe und Mittags nur schnell aufwärmen und pur, mit einer Scheibe Brot oder einer kleinen Portion Reis genießen kann. Da die Suppe viele Ballaststoffe enthält, pflegt sie das Darmmilieu, ist super fürs Immunsystem, da sie Körper und Nieren wärmt und für eine gute Energieverteilung sorgt. Da sie viel pflanzliches Eiweiß enthält, ist sie zudem eine ausgewogene Mahlzeit, die den Körper perfekt versorgt und lange zufrieden macht.

Karotten-Linsensuppe

Portionen 4 Personen
Zubereitungszeit 30 Minuten
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Zutaten

  • 1 EL Olivenöl
  • 1 kleine Zwiebel geschält und gehackt
  • 1 Knoblauchzehe geschält und gehackt
  • 1 EL gehackter Ingwer
  • 2 TL Currypulver
  • 1 TL gemahlener Kreuzkümmel
  • 1/2 TL gemahlener Koriander
  • 500 g Karotten in Scheiben geschnitten
  • 1,5 l heißes Wasser
  • 100 g rote Linsen
  • 1,5 TL Salz
  • 1 EL Tomatenmark
  • abgeriebene Schale von 1 unbehandelten Zitrone
  • 2 EL frisch gepresster Zitronensaft
  • frisch gemahlener Pfeffer
  • Optional zum Anrichten: frischer Koriander

So geht's

  • Olivenöl in einem große Topf erhitzen und Zwiebel, Knoblauch, Ingwer und die Gewürze darin anschwitzen.
  • Die Karotten hinzufügen und unter Rühren kurz anbraten. Mit heißem Wasser ablöschen.
  • Die roten Linsen in ein Sieb geben, mit Wasser abspülen und in den Topf geben.
  • Salz und Tomatenmark hinzufügen und ca. 20 Minuten bei geschlossenem Deckel köcheln lassen.
  • Im Standmixer (oder mit einem Pürierstab) cremig pürieren. In den Topf zurück füllen und die abgeriebene Zitronenschale hinzufügen und mit frisch gepresstem Zitronensaft und gegebenenfalls Salz und Pfeffer, abschmecken. Optional mit frisch gehacktem Koriander anrichten und servieren.
Wellcuisine Stefanie Reeb

 

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  1. Bianca schreibt:

    Hört sich sehr lecker an und passt prima in meinen Veganuary! Danke für das Rezept!

    1. Daniela schreibt:

      Meine Liebe,
      So lustig, dass Du heute von deinem Opa erzählst, habe ich doch just heute morgen meiner Mutter erklären müssen, wer oder was meine Sicht auf Gesundheit, Krankheit und Medizin geprägt hat. Da kam Deine Mutter und Dein Opa an erster Stelle! Bin sehr dankbar dafür.
      Drück dich
      Daniela

      1. Stefanie Reeb Autor schreibt:

        Hallo meine Liebe,

        ich finde das sehr schön. Und diese Prägung verbindet uns ja (unter anderem) auch heute, 35 Jahre später, noch so sehr miteinander, so dass wir immer spannende Gesprächsthemen haben.

        Alles Liebe
        Stefanie

    2. Stefanie Reeb Autor schreibt:

      Liebe Bianca,

      super! Dann wünsche ich Dir viel Freude mit dem Rezept!

      Liebe Grüße
      Stefanie

  2. Christiane schreibt:

    Liebe Steffie, an Deinen Vortrag kann ich mich nicht erinnern, an deinen Opa aber gut. Vor allem an die vielen bunten (Vitamin?)Pillen von denen man sich nach dem leckeren Mittagessen Deiner Oma eine nehmen durfte 😄… Meld Dich doch mal, wenn Du in der Nähe bist!? Liebe Grüße, Christiane

    1. Stefanie Reeb Autor schreibt:

      Liebe Christiane,

      lustig, an die bunten Vitaminpillen kann ich mich gar nicht erinnern ;–)

      Sende Dir ganz liebe Grüße und ich melde mich, wenn ich mal wieder in der Nähe bin! Stefanie

  3. Dorit schreibt:

    Liebe Stefanie,
    was für eine wundervolle Geschichte von Deinem Opa. Ich bekam glatt eine Gänsehaut beim Lesen.
    Was für ein Glück für Dich, diesen Erfahrungsschatz von Deinem Opa mitbekommen zu haben. Gibt es seine Bücher noch zu kaufen?
    Und witzig, dass hier noch jemand ist, der beim Veganuary mitmacht. Das Rezept probiere ich nächste Woche gleich aus.

    Herzliche Grüße
    Dorit

    1. Stefanie Reeb Autor schreibt:

      Liebe Dorit,

      danke für Deine liebe Rückmeldung zur Geschichte meines Großvaters! Seine Bücher kann man noch antiquarisch kaufen, sie sind allerdings für Ärzte formuliert und deswegen sehr stark bezogen auf die therapeutische Anwendung. Hier kann man seine Bücher zum Beispiel noch kaufen: https://www.zvab.com/buch-suchen/autor/moderegger-gerhard/

      Viele liebe Grüße
      Stefanie

  4. Sandra Püchl schreibt:

    Liebe Stefanie,
    gerade in der aktuellen Situation ist das ein toller Beitrag. Ich würde mir wünschen, dass mehr Leute heute noch so denken würden wie dein Großvater. Auch mich würde interessieren, ob man seine Bücher noch kaufen kann.
    Diese Geschichte fand ich genauso ergreifend wie deine Erzählung über die Liebe zu Flip-Flops und dem daraus folgenden Lebensweg für dich und deinen Mann. Vielen Dank dafür.
    Die Zutaten für dieses Rezept habe ich bereits besorgt und werde es ausprobieren.
    Vielen Dank auch für dein Rezept Golden-Milk-Konzentrat, ich habe es gleich getestet und abgefüllt in kleine Gläser zu Weihnachten verschenkt.
    LG Sandra

    1. Stefanie Reeb Autor schreibt:

      Liebe Sandra,

      ich hoffe, Dir hat die Suppe gut geschmeckt! Ja, heute sehnt man sich wieder nach einer ganzheitlicheren Sicht auf den Körper und unsere Gesundheit, oder?

      Die Bücher meines Großvaters kann man antiquarisch kaufen, sie sind allerdings für Ärzte und Heilpraktiker geschrieben und daher sehr anwendungsbezogen: https://www.zvab.com/buch-suchen/autor/moderegger-gerhard/

      Liebe Grüße
      Stefanie

  5. Berührend und bewegend, wie Du in der Liebe zu Deinem Großvater, Dein und sein Bestes aufblühen lässt. Dein Großvater hat seinen Beitrag von Herzen geleistet und sich auch herausgenommen, seinen persönlichen Standpunkt kundzutun. Das gefällt mir, wie er das Bild des krank machenden Angst-Herrschers im Krankenzimmer weg haben wollte. Heute sind wir alle gefordert, diese Fähigkeit auszubilden und die inneren Angst-und Herrschaftbilder Bilder als solche zu bemerken und abzuhängen, um den Weg zu finden aus der erlernten Ohnmacht heraus. Die Linsen-Karotten-Suppe regt diesen Lebendigkeitsspürsinn auf herrlich sinnliche Weise an. Köstliches Leben! Danke.

    1. Stefanie Reeb Autor schreibt:

      Liebe Rita,

      das hast Du schön geschrieben. Ja, die Geschichte meines Großvaters steht für mich für das Thema, bewusste Entscheidungen über sein Leben zu treffen und und mutig zu seiner (ganzheitlichen) Sicht auf die Welt und den Körper zu stehen. Damals wie heute nicht leicht, aber notwendig für ein authentisches Leben.

      Liebe Grüße
      Stefanie

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