Wenn ich neue Leute kennenlerne und ihnen erzähle, dass ich Kochbücher schreibe und Rezepte entwickle, dann fragen sie mich immer, welche Länderküche ich koche. Deutsche Küche? Mediterrane? In diesen Momenten merke ich, dass mein (kulinarisches) Denken so gar nicht funktioniert. Für mich fühlt sich ein gutes Thai-Curry genauso heimisch an wie Pellkartoffeln mit Quark, und es kann gut sein, dass wir in einer einzigen Woche marokkanisch, italienisch, japanisch, indisch, spanisch, thailändisch und österreichisch kochen, ohne groß darüber nachzudenken. Ähnlich geht es mir ehrlich gesagt auch mit meinem Freundeskreis. Wenn wir zusammen am Tisch sitzen und ich Freund für Freundin durchgehe, dann merke ich, dass auch sie aus so unterschiedlichen Ländern wie Neuseeland, Peru, Bulgarien, Holland, Schottland, Schweden und aus einigen Ländern mehr kommen. Irgendwie ist die ganze Welt ganz unbemerkt zu unserem Zuhause geworden.
Kürzlich schauten Thomas und ich eine Kochsendung im Fernsehen. Die Kamera zeigte die Küche eines dänischen Restaurants, das für seine fantastischen Pizzen bekannt war. Ein deutscher Koch kommentierte aus dem Off, dass das ja total unauthentisch sei: ein dänischer Koch, der neapolitanische Pizza backt! Er beruhigte sich dann wieder, als er hörte, dass der Koch ursprünglich aus Italien kam. Mich wunderte die Haltung dennoch ziemlich, da ich glaube, dass es im Zuge unseres modernen Lebens keine trennscharfen Grenzen zwischen den Küchen dieser Welt mehr gibt. Wie soll man die Inspiration stoppen, die uns geradezu überfällt, wenn wir in einem leckeren Tapas-Restaurant in Barcelona sitzen oder in einem japanischen Restaurant um die Ecke? Wir nehmen diese Erinnerungen mit nach Hause in unsere Küche und fügen sie in unser kulinarisches Portfolio ein, dass wir dann weiterhin nutzen, abwandeln und zu unserem eigenen machen.
Als Thomas und ich in Los Angeles lebten, lernten wir Karotten-Ingwer-Dressing in japanischen Restaurants kennen. Ich glaube, es gibt in ganz Amerika kein japanisches Restaurant, das dieses Dressing nicht auf der Karte hat. Fragt man allerdings einen Japaner (der nicht in Amerika lebt) danach, dann hat er von diesem Dressing noch nie etwas gehört. Es ist also kein authentisch japanisches Dressing, sondern das Dressing, das sich ein in Amerika lebender japanischer Koch mal ausgedacht hat, und das dann dort die Runde machte. Ich mag es, wie Geschmäcker und Gerichte die Ländergrenzen sprengen und sich an weit entfernten Orten ansiedeln und heimisch werden, genauso wie die Menschen auch. Und das ist letztlich auch keine neumodische Erscheinung, sondern hat eine lange Tradition. Was wir heute als authentisch bezeichnen, ist of genug vor Hunderten von Jahren etwas völlig Neues und Fremdartiges gewesen. Denken wir nur an die italienischen Nationalspeisen Gelato oder Spaghetti, die beide ihren Ursprung in der chinesischen Küche haben.
Aber zugegeben, heute geht das alles viel schneller, weil die Welt stärker vernetzt und in größerem Austausch ist. Deshalb brauchen wir vermutlich auch eine andere Definition der authentischen Küche. Für mich ist es authentisch, wenn ein Mensch die vielen Eindrücke und Inspirationen aus der Welt, in der er lebt, so in seine Küche einbindet, dass daraus etwas Neues und Einzigartiges entsteht. Denn unser Leben, unsere Herkunft, unsere Reisen und unsere Erinnerungen sind eingebunden in unsere Art zu kochen. Und wenn man das schmecken kann, dann entsteht diese neue Art von Authentizität, die wirklich satt und glücklich macht, über alle Grenzen hinweg.
Und nun meine Frage an Dich: welches Gericht, das ursprünglich von weit her kommt, fühlt sich für Dich wie Zuhause an? Ich freue mich auf Deinen Kommentar unter diesem Beitrag!
Japanisches Karotten-Ingwer-Dressing
Zutaten
- 250 g Karotten klein gewürfelt
- 2 EL Ingwer geschält und klein gewürfelt
- 4 EL Olivenöl
- 3 EL Apfelessig
- 1/2 EL geröstetes Sesamöl
- 1/2 abgeriebene Orangenschale
- 100 ml frisch gepresster Orangensaft
- 100 ml Wasser
- 1/3 TL Salz plus mehr nach Geschmack
So geht's
- Die Karotten in einen kleinen Topf geben, mit heißem Wasser bedecken und etwa 5 Minuten köcheln lassen. In ein Sieb abgießen und mit den anderen Zutaten im Mixer cremig pürieren.
- In ein Glas mit Deckel geben und im Kühlschrank aufbewahren. Innerhalb von 4 Tagen aufbrauchen.
Liebe Stefanie, das Rezept ist wie immer toll. Aber erkläre mir bitte, warum Du jetzt englisch schreibst. Ich würde das Rezept lieber in Deutsch lesen.
Liebe Susanne,
das mit dem Englisch war ein Versehen, weil wir gerade parallel an der englischen Version des Blogs schreiben und die Rezepte vertauscht haben. Jetzt ist es wieder auf Deutsch. Es passte aber zum Inhalt des Beitrags, oder? ;–)
Liebe Grüße
Stefanie
Liebe Stefanie, lieber Tom,
vielen Dank für das originelle Rezept. Werde es am Wochenende zum Salat ausprobieren. Zu unserem regelmäßigen Gericht gehört das Thai Curry. Es besteht aus gewürfeltem Mango, Champignons (anstatt Hähnchen), Bananen, Kokosmilch, etwas Sahne und Kokosöl sowie einem besonderen süßlich schmeckendem Curry. Als Topping anschließend noch Kokosflocken oder Rosinen.
Stefanie, ich bin immer begeistert über deine wöchentlichen ausführlichen Kommentare, die aus der Seele sprechen. Oftmals bin ich unterwegs, wenn ich deine Mail lese und nehme mir jeses Mal vor, meinen Kommentar dazu abzugeben sobald ich zu hause bin….. und dann ist schon wieder so vieles zu erledigen, dass es untergeht. Sorry dafür. Eure Webseite habt Ihr mittlerweile so perfekt gestaltet, dass es eine Augenweide ist. Es macht Spass sich darin zu verlieren, um neue Anregungen zu bekommen.
Freue mich riesig im September auf Mallorca wieder dabei zu sein.
Herzliche Grüße
Monika
Liebe Monika,
wie schön, von Dir zu lesen! Danke für Deine Rezept-Inspiration! Das klingt sehr lecker. Curry ist für mich auch ein absolutes Wohlfühlessen.
Ich freue mich schon, Dich im Herbst wiederzusehen.
Einen ganz lieben Gruß und hab ein schönes Wochenende
Stefanie
Das Dressing ist der Hammer. Es ist oberlecker und das werde ich sicher wieder machen. Danke für die Idee.
Liebe Gaby,
wie schön, das freut mich, dass Dir das Dressing schmeckt!
Einen lieben Gruß
Stefanie